i hat aktuell den Wert 1
i hat aktuell den Wert 2
i hat aktuell den Wert 3
i hat aktuell den Wert 4
18 Aussagenlogik
Die Aussagenlogik beschäftigt sich mit Aussagen und deren Verknüpfungen (Junktoren). Dabei sind Aussagen immer entweder wahr oder falsch. Sowohl in der Mathematik als auch beim Programmieren oder im täglichen Leben spielen logische Überlegungen und damit die Aussagenlogik eine wichtige Rolle.
Beispiel 1: (Tägliches Leben: Lügende Politiker entlarven)
In einer Rede hört man von einem Politiker die folgenden vier Aussagen:
- ,,Die Vollbeschäftigung wird erhalten oder die Steuern dürfen nicht erhöht werden.’’
- ,,Wenn sich Politiker um die Bevölkerung kümmern, müssen die Steuern angehoben werden.’’
- ,,Die Politiker kümmern sich um die Bevölkerung oder die Vollbeschäftigung kann nicht erhalten werden.’’
- ,,Es stimmt nicht, dass die Erhaltung der Vollbeschäftigung eine Steuererhöhung zur Folge haben muss.’’
Frage: Hat sich der Politiker widersprochen? Das heißt kann es Wahrheitswerte (wahr oder falsch) für alle Aussagen geben, so dass er sich nicht widerspricht oder sagt er vielleicht sogar immer die Wahrheit egal welche Wahrheitswerte seine Aussagen haben?
Problem: Verknüpfungen der Aussagen verhältnismäßig komplex, so dass man die obige Frage nicht ohne weiteres beantworten kann!
Lösung: Formalisieren des Problems und Aussagen in mathematischer Form formulieren.
Wir werden die Lösung am Ende des Kapitels zeigen.
Beispiel 2: (Mathematik: direkter Beweis)
In der Mathematik gibt es verschiedene Formen der Beweisführung: die vollständige Induktion, den Beweis durch Widerspruch und den direkten Beweis.
Die folgende Aufgabe soll mit Hilfe eines direkten Beweises geführt werden. Die Idee ist aus einer Aussage A durch Umformungen eine Aussage B zu folgern, deren Wahrheitswert bekannt ist. Formal könnte man das schreiben als
\begin{align*} A \implies C_1 \implies C_2 \implies \cdots \implies C_n \implies B, \end{align*}
wobei alle C_i Zwischenschritte sind.
Weitere Beweismethoden sind die vollständige Induktion und Beweis durch Widerspruch.
Beispiel 3: (Informatik)
In Data Science oder der Informatik benötigt wir Wahrheitswerte an mehreren Stellen:
Ein Beispiel sind Abbruchbedingungen bei Schleifen:
Die while() Schleife wird solange ausgeführt wie der Term i<5 eine wahre Aussage ist.
Beispiel 4: (Datenanalyse)
# A tibble: 152 × 8
species island bill_length_mm bill_depth_mm flipper_length_mm body_mass_g
<fct> <fct> <dbl> <dbl> <int> <int>
1 Adelie Torgersen 39.1 18.7 181 3750
2 Adelie Torgersen 39.5 17.4 186 3800
3 Adelie Torgersen 40.3 18 195 3250
4 Adelie Torgersen NA NA NA NA
5 Adelie Torgersen 36.7 19.3 193 3450
6 Adelie Torgersen 39.3 20.6 190 3650
7 Adelie Torgersen 38.9 17.8 181 3625
8 Adelie Torgersen 39.2 19.6 195 4675
9 Adelie Torgersen 34.1 18.1 193 3475
10 Adelie Torgersen 42 20.2 190 4250
# ℹ 142 more rows
# ℹ 2 more variables: sex <fct>, year <int>
In diesem Beispiel werden aus dem Datensatz penguins alle Beobachtungen herausgefiltert, bei denen species gleich "Adelie" ist, das Argument species == "Adelie" also TRUE ist.
18.1 Aussagen und Wahrheitswerte
Wir wollen in diesem Kapitel die Grundlagen für die Aussagenlogik definieren und einige kleine Beispiele dazu zeigen. Am Ende des Kapitel lösen wir Beispiel 1: Lügende Poliker entlarven mit Hilfe der Aussagenlogik auf.
Aussagen sind damit nie
- wahr und gleichzeitig falsch,
- weder wahr noch falsch.
Beispiele:
- 2 + 3 = 6 ist eine falsche Aussage, 2\cdot 4 = 8 ist eine wahre Aussage.
- Sätze wie “Sonnenblumen sind schön” (nicht objektiv) oder “Dieser Satz ist falsch.” (semantisches Paradox) sind keine Aussagen, da sie nicht objektiv als wahr oder falsch klassifiziert werden können.
Bemerkungen:
- In der R werden die Wahrheitswerte mit
TRUEoderTbeziehungsweiseFALSEoderFgekennzeichnet. Oft entstehen solche logische Vektoren aus Vergleichen (z.B. zweier Vektoren).
# Beispiel 1:
1:6 > 3[1] FALSE FALSE FALSE TRUE TRUE TRUE
Im ersten Beispiel vergleichen wir, ob die ganzen Zahlen von 1 bis 6 größer als 3 sind. Das Ergebnis ist ein sogenannter logischer Vektor (siehe Kapitel 5.4.1).
[1] FALSE TRUE FALSE TRUE
Mit dem Operator %in% wird überprüft, ob sich die Einträge aus dem ersten Vektor im zweiten befinden. Ist ein Eintrag TRUE, so kommt der jeweilige Eintrag im zweiten Vektor vor. Eine praktische Anwendungen im Zusammenhang mit dem Filtern von Daten in Datentabellen finden sich im Kapitel 8.3.
18.2 Junktoren
Junktoren sind logische Operatoren in der Aussagenlogik.
-
Negation: \neg A (oder auch \overline{A})
liest man nicht A. Die Negation kehrt den Wahrheitswert einer Aussage um, das heißt ist A wahr, so ist \neg A falsch und umgekeht.
Die Negation ist ein einstelliger Operator, da sie nur einen Wahrheitswert benötigt. Die folgenden Junktoren sind alle zweistellige Operatoren, da sie zwei Wahrheitswerte benötigen.
Konjunktion: A \wedge B
liest man A und B und ist genau dann wahr, wenn A und B beide wahr sind.Disjunktion: A \vee B
liest man A oder B und ist genau dann falsch, wenn sowohl A als auch B falsch sind.Implikation: A \implies B
liest man aus A folgt B oder A impliziert B oder B ist notwendig für A oder A ist hinreichend für B ist nur genau dann falsch, wenn A wahr und B falsch ist.Äquivalenz: A \iff B
liest man A ist äquivalent zu B- Die Aussage A ist wahr genau dann, wenn Aussage B wahr ist. Gleichwertig kann man auch sagen: Wenn Aussage A wahr ist, so auch B, und wenn B wahr ist, so auch A.
18.3 Wahrheitstabellen
Mit Hilfe einer Wahrheitstabelle können alle Wahrheitswerte, die eine (abgeleitete) Aussage haben kann gleichzeitig gezeigt werden. In Tabelle 18.1 sieht man die im vorherigen Kapitel definierten Aussagen A und B, sowie die definierten Verknüpfungen. Für n verknüpfte Aussagen gibt es 2^n mögliche wahr/falsch-Kombinationen. Also für zwei Aussagen sind das 2^2 = 4 verschiedene Möglichkeiten, die alle in der Wahrheitstabelle zu sehen sind.
| A | B | \neg A | \neg B | A \wedge B | A \vee B | A \implies B | A \iff B |
|---|---|---|---|---|---|---|---|
| w | w | f | f | w | w | w | w |
| w | f | f | w | f | w | f | f |
| f | w | w | f | f | w | w | f |
| f | f | w | w | f | f | w | w |
Tautologie:
Eine Tautologie ist eine Aussage, die unabhängig von den Wahrheitswerten immer wahr ist. Ein Beispiel hierfür wäre die Aussage: ,,Es regnet oder es regnet nicht’’.Kontradiktion: ist das Gegenteil einer Tautologie und unabhängig der Wahrheitswerte immer falsch. Ein Beispiel ist die Aussage ,,Es regnet und es regnet nicht’’.
Die Wahrheitstabellen können auf beliebige Kombinationen von Aussagen erweitert werden und sind ein praktisches Werkzeug um logische Verknüpfungen zu untersuchen. Ein interessantes Beispiel ist die Kontraposition. Dabei iist zu erwähnen, dass nicht nur das Ergebnis in der Tabelle zu sehen ist, sondern auch die Zwischenschritte, wie man das Ergebnis erhalten hat (hier: das explizite Aufschreiben der Negationen \neg A und \neg B).
Beispiel: Kontraposition
Die folgende Wahrheitstabelle zeigt, dass Implikation A \implies B und ihrer Kontraposition \neg B \implies \neg A die gleichen Wahrheitswerte haben. Mathematisch schreibt man
\begin{align*} (A \implies B) \equiv (\neg B \implies \neg A), \end{align*}wobei \equiv die Bedeutung ist identisch zu hat und auch so gelesen wird.
| A | B | \neg A | \neg B | A \implies B | \neg B \implies \neg A |
|---|---|---|---|---|---|
| w | w | f | f | w | w |
| w | f | f | w | f | f |
| f | w | w | f | w | w |
| f | f | w | w | w | w |
Nimmt man zum Beispiel die beiden Aussagen A: ,,Es regnet.’’ und B: ,,Die Erde ist nass.’‘, dann ist die Implikation: ,,Wenn es regnet, dann ist die Erde nass.’‘. Eine dazu identische Aussage ist nun nicht: ,,Wenn es nicht regnet, dann ist die Erde nicht nass.’‘, das wäre im Allgemeinen falsch, schließlich kann sie auch aufgrund anderer Gründe nass sein, wenn dort zum Beispiel eine Wasserschlacht stattgefunden hat oder weil der Nachbar sein Auto geputzt hat. Eine äquivalente Aussage ist ,,Wenn die Erde nicht nass ist, dann regnet es nicht.’’
Selbsttest: Wahrheitstabelle
Gegeben sind die Aussagen R,{} O,{} X sowie die verknüpfte Aussage H mit
H \quad \equiv \quad \left(R \iff O\right) \vee \left(\neg O \wedge X\right). Bestimmen sie die Wahrheitswerte (f oder w) von H und tragen diese in die Felder ein.
| R | w | w | w | w | f | f | f | f |
| O | w | w | f | f | w | w | f | f |
| X | w | f | w | f | w | f | w | f |
| H |
Gegeben sind die Aussagen B,{} S,{} G sowie die verknüpfte Aussage O mit
O \quad \equiv \quad \neg \left(B \vee S\right) \implies \neg \left(S \iff G\right). Bestimmen sie die Wahrheitswerte (f oder w) von O und tragen diese in die Felder ein.
| B | w | w | w | w | f | f | f | f |
| S | w | w | f | f | w | w | f | f |
| G | w | f | w | f | w | f | w | f |
| O |
Gegeben sind die Aussagen L,{} Z,{} P sowie die verknüpfte Aussage Q mit
Q \quad \equiv \quad \left(L \wedge Z\right) \vee \neg \left(Z \implies P\right). Bestimmen sie die Wahrheitswerte (f oder w) von Q und tragen diese in die Felder ein.
| L | w | w | w | w | f | f | f | f |
| Z | w | w | f | f | w | w | f | f |
| P | w | f | w | f | w | f | w | f |
| Q |
Gegeben sind die Aussagen T,{} H,{} C sowie die verknüpfte Aussage O mit
O \quad \equiv \quad \neg \left(T \vee \neg H\right) \wedge \left(\neg H \implies C\right). Bestimmen sie die Wahrheitswerte (f oder w) von O und tragen diese in die Felder ein.
| T | w | w | w | w | f | f | f | f |
| H | w | w | f | f | w | w | f | f |
| C | w | f | w | f | w | f | w | f |
| O |
Gegeben sind die Aussagen Z,{} R,{} M sowie die verknüpfte Aussage W mit
W \quad \equiv \quad \neg \left(Z \vee \neg R\right) \iff \neg \left(\neg R \wedge M\right). Bestimmen sie die Wahrheitswerte (f oder w) von W und tragen diese in die Felder ein.
| Z | w | w | w | w | f | f | f | f |
| R | w | w | f | f | w | w | f | f |
| M | w | f | w | f | w | f | w | f |
| W |
Gegeben sind die Aussagen R,{} U,{} K sowie die verknüpfte Aussage O mit
O \quad \equiv \quad \neg \left(R \implies \neg U\right) \vee \neg \left(U \iff K\right). Bestimmen sie die Wahrheitswerte (f oder w) von O und tragen diese in die Felder ein.
| R | w | w | w | w | f | f | f | f |
| U | w | w | f | f | w | w | f | f |
| K | w | f | w | f | w | f | w | f |
| O |
Gegeben sind die Aussagen P,{} W,{} J sowie die verknüpfte Aussage Q mit
Q \quad \equiv \quad \neg \left(P \wedge W\right) \iff \neg \left(W \vee J\right). Bestimmen sie die Wahrheitswerte (f oder w) von Q und tragen diese in die Felder ein.
| P | w | w | w | w | f | f | f | f |
| W | w | w | f | f | w | w | f | f |
| J | w | f | w | f | w | f | w | f |
| Q |
Gegeben sind die Aussagen R,{} E,{} C sowie die verknüpfte Aussage T mit
T \quad \equiv \quad \left(R \vee E\right) \implies \neg \left(E \iff C\right). Bestimmen sie die Wahrheitswerte (f oder w) von T und tragen diese in die Felder ein.
| R | w | w | w | w | f | f | f | f |
| E | w | w | f | f | w | w | f | f |
| C | w | f | w | f | w | f | w | f |
| T |
Gegeben sind die Aussagen J,{} T,{} I sowie die verknüpfte Aussage U mit
U \quad \equiv \quad \left(J \vee \neg T\right) \wedge \left(T \implies I\right). Bestimmen sie die Wahrheitswerte (f oder w) von U und tragen diese in die Felder ein.
| J | w | w | w | w | f | f | f | f |
| T | w | w | f | f | w | w | f | f |
| I | w | f | w | f | w | f | w | f |
| U |
Gegeben sind die Aussagen Y,{} H,{} V sowie die verknüpfte Aussage L mit
L \quad \equiv \quad \left(Y \vee H\right) \implies \left(H \iff V\right). Bestimmen sie die Wahrheitswerte (f oder w) von L und tragen diese in die Felder ein.
| Y | w | w | w | w | f | f | f | f |
| H | w | w | f | f | w | w | f | f |
| V | w | f | w | f | w | f | w | f |
| L |
Gegeben sind die Aussagen S,{} K,{} N sowie die verknüpfte Aussage U mit
U \quad \equiv \quad \left(S \iff \neg K\right) \wedge \left(\neg K \implies N\right). Bestimmen sie die Wahrheitswerte (f oder w) von U und tragen diese in die Felder ein.
| S | w | w | w | w | f | f | f | f |
| K | w | w | f | f | w | w | f | f |
| N | w | f | w | f | w | f | w | f |
| U |
Gegeben sind die Aussagen B,{} V,{} G sowie die verknüpfte Aussage T mit
T \quad \equiv \quad \left(B \vee V\right) \wedge \left(\neg V \iff G\right). Bestimmen sie die Wahrheitswerte (f oder w) von T und tragen diese in die Felder ein.
| B | w | w | w | w | f | f | f | f |
| V | w | w | f | f | w | w | f | f |
| G | w | f | w | f | w | f | w | f |
| T |
18.4 Rechenregeln
Um sicherer mit den Verknüpfungen umzugehen, ist es notwendig einige Rechenregeln zu kennen.
- Konjunktion und Disjunktion sind kommutativ:
- Konjunktion und Disjunktion sind assoziativ:
- Distributivgesetze:
Das Distributivgesetz gibt an, wie Konjunktion und Disjunktion zu behandeln sind, wenn diese gemeinsam in einem Ausdruck auftauchen. Dies ist analog zu Multiplikation und Addition bei den reellen Zahlen: a\cdot (b+c) = a\cdot b + a\cdot c.
- Absorptionsgesetze:
- Neutralitätsgesetze:
- Dualität:
Jede Formel hat eine duale Formel, die man erhält, wenn man gleichzeitig
- wahr mit falsch vertauscht und
- \wedge mit \vee vertauscht.
Zum Beispiel:
| A | B | A \wedge B | A | B | A \vee B | |
|---|---|---|---|---|---|---|
| w | w | w | f | f | f | |
| w | f | f | f | w | w | |
| f | w | f | w | f | w | |
| f | f | f | w | w | w |
18.5 Aussageformen
Beispiel:
Der Ausdruck A: 2m + 1 = 5 mit m \in \mathbb{N} ist offenbar keine Aussage im Sinne der Definition einer Aussage, da A keinen Wahrheitswert hat. Es handelt sich um eine Aussageform. Erst A(m) wird je nach m zu einer wahren oder falschen Aussage.
- A ist die Aussageform,
- m ist die Variable und
- \mathbb{N} = \{1, 2, \cdots\} die Grundmenge
Setzen wir nun ein Element aus der Grundmenge ein, so wird aus der Aussageform eine Aussage.
- A(1): 2\cdot 1 + 1 = 5 ist das Gleiche wie 3 = 5 ist eine falsche Aussage
- A(2): 2\cdot 2 + 1 = 5 ist das Gleiche wie 5 = 5 ist eine wahre Aussage
Im obigen Beispiel ist L = \{2\} die Lösungsmenge der Aussageform A.
18.6 Quantoren
Für Aussageformen gibt es neben den Junktoren auch noch die Quantoren. Diese machen aus einer Aussageform eine Aussage.
18.6.1 Existenzquantor \exists, \bigvee
Schreibweise und Aussprache:
Er wird mit der Variablen aus der Grundmenge geschrieben \exists x, \bigvee\limits_{x} und man liest
- für mindestens ein x gilt…
- es gibt mindestens ein x für das gilt…
- es existiert mindestens ein x für das gilt…
Wahrheitswerte:
Wie bereits erwähnt machen die Quantoren aus einer Aussageform eine Aussage. Der Ausdruck \exists x A(x) ist eine Aussage und genau dann wahr, wenn mindestens ein Element der Grundmenge die Aussageform zu einer wahren Aussage macht, ansonsten ist die Aussage falsch.
Beispiel:
Gegeben ist die Aussageform A: 2n + 1 = 5 und n \in \mathbb{N} sei eine natürliche Zahl, dann heißt \exists n A(n) oder etwas ausführlicher \exists n\in \mathbb{N} A(n):
Es gibt mindestens eine Zahl n aus der Grundmenge \mathbb{N}, so dass A(n) eine wahre Aussage ist.
Dies ist offenbar eine wahre Aussage, da die Aussage für n = 2 wahr ist. Es gibt einen Zusammenhang zur Disjunktion \vee, was auch die Schreibweise des Existenzquantors erklärt:
\begin{align*} \exists n A(n) = \bigwedge_{n} A(n) \; \equiv \; A(1) \wedge A(2) \wedge A(3) \wedge \cdots \end{align*}
Der Unterschied besteht darin, dass auch (überabzählbar) unendliche Grundmengen mit dem Quantoren behandelt werden können, während die Schreibweise mit Hilfe der Junktoren dies nicht zulässt.
18.6.2 Allquantor \forall, \bigwedge
Schreibweise und Aussprache:
Er wird mit der Variablen aus der Grundmenge geschrieben \forall x, \bigwedge\limits_{x} und man liest
- für alle x gilt …
- für jedes x gilt …
Wahrheitswerte
Der Ausdruck \forall x A(x) ist eine Aussage und genau dann wahr, wenn alle Element der Grundmenge die Aussageform zu einer wahren Aussage machen, ansonsten ist die Aussage falsch.
Beispiel
Gegeben ist die Aussageform A: 2n + 1 = 5 und n \in \mathbb{N} sei eine natürliche Zahl, dann heißt \forall n A(n) (oder etwas ausführlicher \bigwedge\limits_{n\in \mathbb{N}} A(n)):
Für alle (Zahlen) n aus der Grundmenge \mathbb{N} ist A(n) eine wahre Aussage.
Dies ist eine falsche Aussage, da die Aussage nur für n = 2 wahr ist. Auch hier gibt es wieder einen Zusammenhang zu den Junktoren, hier allerdings zur Konjunktion \vee:
\begin{align*} \forall n A(n) = \bigvee_{n} A(n) \; \equiv \; A(1) \vee A(2) \vee A(3) \vee \cdots \end{align*}
Wie auch schon beim Existenzquantor können bei der Quantorenschreibweise Grundmengen mit unendlichen vielen Elementen behandelt werden.
18.6.3 Satzformeln
Beispiel (Implikation):
Gibt man die beiden folgenden Aussageformen vor:
- A(x): x ist ein Säugetier und
- B(x): x ist ein Hund.
Schauen wir uns folgende Aussage(!) an: \bigwedge\limits_x (B(x) \implies A(x)).
Nur die Implikation B(x) \implies A(x) bedeutet: Wenn das Tier x ein Hund ist, dann ist das Tier x ein Säugetier.
Wie ändert sich das nun durch den Allquantor? Die kurze Antwort ist
Alle Hunde sind Säugetiere.
Wir könnten den gleichen Sachverhalt auch noch komplizierter formulieren und die Elemente x aus der Grundmenge in den Satz einbauen, aber das trägt nicht wirklich zum Verständnis bei.
Beispiel (Konjunktion, Disjunktion, Implikation und Äquivalenz)
Sehen wir uns nun die folgenden Aussageformen an
- Q(x): x ist ein Quadrat,
- K(x): x ist klein,
- G(x): x ist grün,
- L(x,y) x liegt links von y.
Die Grundmenge sind die Objekte in Abbildung 18.1, also Dreiecke und Quadrate in verschiedenen Größen und Farben.
18.6.4 Quantoren in R
In R gibt es zwei Funktionen mit denen wir herausfinden können, ob in einem logischen Vektor mindestens einer (any()) oder alle (all()) Werte den Wahrheitswert TRUE haben.
any(..., na.rm = FALSE)
überprüft, ob in einem logischen Vektoren mindestens ein Eintrag TRUE ist. Die Ausgabe ist ein logischer Vektor der Länge 1, der TRUE ist, falls es mindestens einen Eintrag TRUE gibt, sost FALSE
all(..., na.rm = TRUE)
überprüft, ob in einem logischen Vektor alle Einträge TRUEsind. Die Ausgabe ist wieder ein logischer Vektor der Länge 1. Sollten alle Einträge in dem Vektor TRUE sein, so ist die Ausgabe TRUE, sonst FALSE.
18.7 Übersicht Aussagenlogik
| Name | Ausprägung | R | # | Anwendung | Aussprache |
|---|---|---|---|---|---|
| Wahrheitswert | wahr, w |
TRUE, T
|
0 | wahr | |
| falsch, f |
FALSE, F
|
0 | falsch | ||
| Negation (NOT) | \neg | ! |
1 | \neg A | nicht A |
| Konjunktion (AND) | \wedge | & |
2 | A \wedge B | A und B |
| Disjunktion (OR) | \vee | | |
2 | A \vee B | A oder B |
| Implikation | \implies | 2 | A \implies B | A impliziert B | |
| wenn A dann B | |||||
| A ist hinreichend für B | |||||
| B ist notwendig für A | |||||
| Äquivalenz | \iff | 2 | A \iff B | A äquivalent B | |
| A gilt genau dann wenn B gilt | |||||
| A notw. und hinr. für B | |||||
| Allaussage | \forall, \bigwedge | all() |
1 | \forall x, \bigwedge_x | für alle x |
| für jedes x | |||||
| Existenzaussage | \exists, \bigvee | any() |
1 | \exists x, \bigvee_x | es existiert mind. ein x |
Auflösung: Lügende Politiker
Zu guter Letzt wollen wir das Einstiegsbeispiel auflösen. Dazu müssen wir die Sätze des Politikers in Aussagen übersetzen.
- ,,Die Vollbeschäftigung wird erhalten oder die Steuern dürfen nicht erhöht werden.’’
- ,,Wenn sich Politiker um die Bevölkerung kümmern, müssen die Steuern angehoben werden.’’
- ,,Die Politiker kümmern sich um die Bevölkerung oder die Vollbeschäftigung kann nicht erhalten werden.’’
- ,,Es stimmt nicht, dass die Erhaltung der Vollbeschäftigung eine Steuererhöhung zur Folge haben muss.’’
In den Sätzen des Politikers kommen 3 Aussagen vor (über deren Wahrheitswert wir erstmal nichts wissen):
- V: Vollbeschäftigung erhalten,
- S: Steuern erhöhen,
- P: Politiker kümmern sich.
Diese können jeweils wahr oder falsch sein, womit wir insgesamt 2^3 = 8 verschiedene Möglichkeiten betrachten müssen.
Übersetzt man die Sätze des Politikers in mathematische Ausssagen, so ergibt sich:
- A_1: \, V \vee \neg S
- A_2: \, P \implies S
- A_3: \, P \vee \neg V
- A_4: \, \neg(V \implies S)
Wir erzeugen nun eine Wahrheitstabelle mit allen acht Möglichkeiten. Die Schritte, wie man zu den Wahrheitsweren der Spalten A_1 bis A_4 kommt, haben wir aus Platzgründen weggelassen. Es ist allerdings eine gute Übung sich diese zu überlegen.
| V | P | S | A_1 | A_2 | A_3 | A_4 | \bigwedge A_i |
|---|---|---|---|---|---|---|---|
| w | w | w | w | w | w | f | f |
| w | w | f | w | f | w | w | f |
| w | f | w | w | w | f | f | f |
| w | f | f | w | w | f | w | f |
| f | w | w | f | w | w | f | f |
| f | w | f | w | f | w | f | f |
| f | f | w | f | w | w | f | f |
| f | f | f | w | w | w | f | f |
Die letzte Spalte Dies bedeutet, dass es vollkommen egal ist welche Wahrheitswerte die einzelnen Aussagen (V, P, S) haben, der Politiker kann in keinem der Fälle die Wahrheit sagen!