16  Funktionen

Das Kapitel ist noch nicht fertig und ändert sich in den nächsten Tag noch!

16.1 Grundlagen

Definition: Funktion, Definitionsmenge, Zielmenge

Seien M und N zwei nicht-leere Mengen. Eine Funktion (oder Abbildung) f: M \to N ordnet jedem Element x \in M, der Definitionsmenge, genau ein Element aus der Zielmenge N zu.

Man schreibt x \mapsto f(x) (oder ausführlich M \ni x \mapsto f(x) \in N), und sagt y = f(x) ist der Wert der Funktion f an der Stelle x.

Abbildung 16.1: Die Funktion f bildet Elemente aus der Menge M auf Elemente N ab.
Definition: Bild

Sei f:M \to N eine Funktion. Die Menge aller Werte, die aus der Zielmenge angenommen werden, nennt man das Bild, die Bildmenge oder die Wertemenge der Funktion f.

\begin{align*} \textsf{Bild}(f) = f(M) = \{f(x)\,|\, x \in M\}. \end{align*}

Definition: Urbild

Sei f:M \to N eine Funktion. Die Menge aller Stellen, aus der Definitionsmenge für die der Wert y angenommen wird, bezeichnet man als man das Urbild von y unter f, und schreibt

\begin{align*} f^{-1}(y) = \{ x \in M \,|\, f(x) = y\}. \end{align*}

Bemerkung

Bei der Schreibweise für das Urbild muss man ein wenig aufpassen, da Hoch minus Eins mehrfach belegt ist. Es wird auch für die Umkehrfunktion verwendet und die Potenzschreibweise für einen Kehrwert sieht ähnlich aus.

Beispiel

Gegeben die Funktion g: \mathbb{R} \to \mathbb{R} mit y = g(x) = x^2.

  • Das Bild der Funktion sind nun alle alle Werte, die wirklich angenommen werden. In diesem Beispiel werden nur nicht-negative Werte angenommen und es gilt

\begin{align*} \textsf{Bild}(g) = \mathbb{R}_{\ge 0} = [0,\infty). \end{align*}

  • Das Urbild gibt man immer bezüglich eines Wertes an. So ist zum Beispiel das Urbild von y = 4 die Menge g^{-1}(4) = \{-2, 2\}, da sowohl -2 als auch 2 von g auf die 4 abgebildet werden.
Definition: Injektiv, Surjektiv, Bijektiv

Man nennt eine Funktion f: M \to N

  • injektiv, wenn aus f(x_1) = f(x_2) folgt, dass x_1 = x_2 ist.

  • surjektiv, falls für alle y \in N mindestens ein x \in M existert, so dass f(x) = y ist.

  • bijektiv, falls die Funktion sowohl injektiv als auch surjektiv ist.

Bemerkungen

  • Die Injektivität bedeutet damit, dass für jeden Wert y aus der Wertemenge W \subseteq N genau ein Wert x aus der Definitionsmenge M existiert, so dass f(x) = y ist. Diese Eigentschaft ist nochwendig, wenn man eine eindeutige Umkehrung benötigt, wenn man also einem y-Wert einen eindeutigen x-Wert zuordnen muss.

  • Die Surjektivität bedeutet, dass jeder Wert der Zielmenge angenommen wird. Anders ausgedrückt, dass Bildmenge und Zielmenge identisch sind. Surjektivität kann man offenbar immer erreichen, wenn man die Zielmenge auf die Wertemenge der Funktion einschränkt.

  • Bijektivität entspricht einer 1:1 Zuordnung von Definitions- und Zielmenge über die Funktion f.

Beispiele

  • Die Funktion f: \mathbb{R}_{+} \to \mathbb{R} mit f(x) = x^2 ist injektiv, aber nicht surjektiv, da nicht alle Werte aus \mathbb{R} angenommen werden.

  • Die Funktion f: \mathbb{R} \to \mathbb{R}_{\ge 0} mit f(x) = x^2 ist surjektiv, aber nicht injektiv, da zwar alle Werte aus der Zielmenge angenommen werden, aber f(-x) = f(x) ist, zum Beispiel f(-2) = f(2) = 4.

  • Die Funktion f: \mathbb{R} \to \mathbb{R} mit f(x) = 2x ist bijektiv, da es für jeden y-Wert genau einen x-Wert gibt und jeder Wert der Zielmenge angenommen wird.

Wir wollen uns nun auf reellwertige Funktionen beschränken, das sind Funktionen deren Zielmenge die reellen Zahlen \mathbb{R} sind.

Zur Visualisierung von reellen Funtionen nutzen wir Graphen.

Definition: Graph

Sei D \subseteq \mathbb{R}. Der Graph G einer Funktion f: D \to \mathbb{R} ist die Menge aller geordneten Paare (x, f(x)) \in \mathbb{R} mit x \in D:

\begin{align*} G = \{(x, y) \in \mathbb{R}^2 \,|\, x \in D \, \wedge y = f(x) \in \mathbb{R} \} \end{align*}

Beispiele: die Top 10 Graphen

Abbildung 16.2: (Affin-)Lineare Funktion vom Typ y = ax +b
Abbildung 16.3: Quadratische Funktion y = x^2
Abbildung 16.4: Kubische Funktion y = x^3
Abbildung 16.5: Die Funktion y = \frac{1}{x}
Abbildung 16.6: Die Exponentialfunktion y = \exp(x) = \textsf{e}^x
Abbildung 16.7: Der natürliche Logarithmus y = \ln(x)
Abbildung 16.8: Betragsfunktion f(x) = |x|
Abbildung 16.9: Sinus-Funktion y = \sin(x)
Abbildung 16.10: Normalverteilung f(x) = \frac{1}{\sqrt{2\sigma}}\textsf{e}^{-\frac{1}{2}\left(\frac{x-\mu}{\sigma}\right)^2}
Abbildung 16.11: Heaviside-Funktion y = \Theta(x)
Aufgabe: Graphen

Erstellen Sie die ggplot2-Graphiken für zwei der oben abgebildeten Graphen.

16.2 Lineare Funktionen

Eine wichtige Klasse der Funktionen sind die affin-linearen Funktionen.

Definition: Lineare Funktionen

Ein Funktion f: \mathbb{R} \to \mathbb{R} mit dem Funktionsterm f(x) = ax + b nennt man eine (affin-)lineare Funktion.

16.2.1 Darstellungen linearer Funktionen

Normalform

Jede nicht zur y-Achse parallele Gerade kann in der Normalform y = f(x) = ax + b dargestellt werden. Die Parametern a und b können aus dem Graphen abgelesen werden, da sie eine geometrische Bedeutung haben.

  • Der Parameter a \in \mathbb{R} ist die Steigung und
  • b \in \mathbb{R} ist der Achsenabschnitt

der Funktion. Ist der Parameter a>0, so ist die Funktion streng monoton steigend geht und der Graph verläuft von unten links nach oben rechts, ist a=0 so ist der Graph eine Parallele zur x-Achse und im Fall von a<0 ist die Funktion streng monoton fallend und der Graph verläuft von oben links nach unten rechts.

Abbildung 16.12: Gerade mit Steigung a und Achsenabschnitt b und der Nullstelle c. Die Pfeile bei der Steigung sind eingezeichnet um zu zeigen, dass in diesem Beispiel die 1 positiv ist, das a aber negativ und daher nach unten gezeichnet wird.

Zweipunktsteigung

Gibt man zwei verschiedene Punkte P_1 = (x_1, y_1) und P_2 = (x_2, y_2) vor, wobei y_1 \neq y_2 gelten soll, dann gilt:

\begin{align*} \frac{\Delta y}{\Delta x} = \frac{f(x_2) -f(x_1)}{x_2 - x_1} = \frac{ax_2 + b - (ax_1 + b)}{x_{2} -x_1} = a. \end{align*}

Abbildung 16.13: Graph einer linearen Funktion.

Damit ist die Steigung einer Geraden, die durch zwei beliebige, verschiedenen Punkte P_1 = (x_1, y_1) und P_2 = (x_2, y_2) geht, konstant. Die Gerade können wir kann dann mit Hilfe der Gleichung

\begin{align*} \frac{y_2 - y_1}{x_2 - x_1} = \frac{y_1 - y}{x_1 - x} \end{align*}

beschreiben. Lösen wir diese Gleichung nach y auf, so erhalten wir

\begin{align*} y = \underbrace{\frac{y_2 - y_1}{x_2 - x_1}}_{a} x + \underbrace{y_1 - \frac{y_2 - y_1}{x_2 - x_1} x_1}_{b} \end{align*}

Damit ist der Term \frac{y_2 - y_1}{x_2 - x_1} = a die Steigung und y_1 - \frac{y_2 - y_1}{x_2- x_1}x_1 = b der Achsenabschnitt.

Punktsteigungsform

Ist ein Punkt P_1 = (x_1, y_1) sowie die Steigung a gegeben, so nutzen wir die Punktsteigungsform. Aus der Formel

\begin{align*} \frac{\Delta y}{\Delta x} = \frac{y - y_1}{x - x_1} = a. \end{align*}

erhält man

\begin{align*} y - y_1 = a (x-x_1) \quad \text{bzw.} \quad y = a (x-x_1) + y_1 \end{align*}

Ausmultiplieren liefert, dass y_1 - ax_1 = b der Achsenabschnitt ist.

Achsenabschnittsform

Haben wir die Nullstelle c, sowie den Achsenabschnitt b gegeben, also die Schnittpunkte mit den Koordinatenachsen (c, 0) und (0, b), so können wir die Geradengleichung in der Form

\begin{align*} \frac{x}{c} + \frac{y}{b} = 1. \end{align*}

schreiben. Man nennt dies die Achsenabschnittsform. Offenbar funktioniert dies nicht mit allen Geraden, denn weder c noch b dürfen in der obigen Gleichung 0 sein, und auch zur x-Achse parallele Geraden können nicht auf diese Weise beschrieben werden. Durch einfaches Umformen erhalten wir den Zusammenhang zwischen den Achsenabschnitten und der Steigung a = -\frac{b}{c}.

Beispiel

Eine Gerade habe die Steigung m = -3 und gehe durch den Punkt P = (4, -7). Wie lautet die Normalenform und die Achsenabschnittsform?

Antwort: Es gilt \begin{align*} \frac{y - (-7)}{x -4} = -3 \qquad \implies \qquad y = -3x+5. \end{align*}

Für die Achsenabschnittsform ergibt sich daraus

\begin{align*} \frac{x}{\frac{5}{3}} + \frac{y}{5} = 1 \end{align*}

16.2.2 Allgemeine Geradengleichung

Allgemeine Geradengleichung

Seien \alpha, \beta und \gamma reelle Zahlen, so beschreibt die Menge G gegeben durch

\begin{align*} G = \{(x, y)\, |\, \alpha x + \beta y + \gamma = 0\} \end{align*}

eine Gerade im \mathbb{R}^2. Man bezeichnet \alpha x + \beta y + \gamma = 0 als die allgemeine Geradengleichung.

  • Jeder Funktionsterm der Form y = f(x) = ax+b kann in ein allgemeine Geradengleichung gebracht werden.
  • In die andere Richtung ist das nicht richtig. Nur für den Fall \beta \neq 0 kann G in einen Funktionsterm der Form y = f(x) gebracht werden. In diesem Fall ist dann \begin{align*} f(x) = y = -\frac{\alpha}{\beta}x - \frac{\gamma}{\beta}. \end{align*}
  • Für den Fall \beta = 0 und \alpha \neq 0 erhält man \alpha x + \gamma = 0, also x = -\frac{\gamma}{\alpha}. Das heißt x ist eine Konstante und y kann jeden beliebigen Wert annehmen. Geraden mit den Koordinaten der Form (-\frac{\gamma}{\alpha}, y) sind Parallelen zur y-Achse und keine Funktionen.
Aufgaben: Umformen von Geradengleichungen
  1. Eine Gerade g_1 gehe durch die Punkte P_1 = (-1, 4) und P_2 = (4, -2). Bestimmen Sie die Normalform und die Achsenabschnittsform.

  2. Eine Gerade g_2 habe die Steigung a = -2. Geben Sie die Geardengleichung an, so dass die Gerade durch den Punkt P_3 = (5, 9) geht.

  3. In welchem Punkt schneiden sich die Geraden g_1 und g_2?

  4. Welche Gerade g_3 geht durch den Punkt P_3, schneidet die Gerade g_1 aber nicht?

  1. Aus der Zweipunktform erhalten wir die Normalform: \begin{align*} \frac{y - 4}{x-(-1)} = \frac{4-(-2)}{-1 - 4} \quad \implies \quad y = -\frac{6}{5}(x+1) +4 = -\frac{6}{5}x + \frac{14}{5} \end{align*}

aus dieser kann man die Schnittpunkte der Achsen z.B. durch Nullsetzen von x bzw. y erhalten. Es ergibt sich

\begin{align*} \frac{x}{\frac{7}{3}} + \frac{y}{\frac{14}{5}} = 1 \end{align*}

16.3 Quadratische Funktionen

Definition: Quadratische Funktionen

Seien a \in \mathbb{R}\setminus \{0\} und b, c \in \mathbb{R}. Eine Funktion f: \mathbb{R} \to \mathbb{R} mit einem Funktionsterm der Form

\begin{align*} f(x) = ax^2 + bx + c, \end{align*}

nennt man eine quadratische Funktion. Den Graphen einer quadratischen Funktion bezeichnet man als Parabel.

Mit Hilfe der quadratischen Ergänzung kann man eine quadratische Funktion in ihre Scheitelpunktform

\begin{align*} f(x) = a(x-x_s)^2 + y_s \qquad \text{mit} \quad x_s = -\frac{b}{2a} \quad \text{und} \quad y_s = c-\frac{b^2}{4a} \end{align*}

bringen. Der Punkt S = (x_s, y_s) ist der Scheitel der Funktion. Im Fall a < 0 ist die Stelle x_s das globale Maximum, im Fall von a > 0 das globale Minimum.

\begin{align*} ax^2 + bx + c & = a\left(x^2 + \frac{b}{a}\right) + c \\ & = a\left(x^2 + \frac{b}{a} + \frac{b^2}{4a^2} - \frac{b^2}{4a^2} \right) + c \\ & = a\left(x^2 + \frac{b}{a} + \frac{b^2}{4a^2}\right) - \frac{b^2}{4a} + c \\ & = a\left(x + \frac{b}{2a}\right)^2 - \frac{b^2}{4a} + c \\ \end{align*}

Den Term \frac{b^2}{4a^2} in der Klammer, den man addiert und wieder subtrahiert, benötigt man um eine eine binomische Formel zu erhalten. Man nennt dies eine quadratische Ergänzung. Aus dem obigen Form können wir offenbar leicht die Lösungsformel für quadratische Gleichungen herleiten: Wir setzen den letzten Ausdruck gleich Null und lösen nach x auf. Beim Wurzelziehen müssen wir beide Lösungen beachten.

Abbildung 16.14: Parabel
Definition und Satz: Diskriminante und Nullstellen quadratischer Funktionen

Gegeben sei die quadratische Funktion f: \mathbb{R} \to \mathbb{R} mit f(x) = ax^2 + bx + c, wobei a \in \mathbb{R} \setminus \{0\} und b, c \in \mathbb{R}. Den Ausdruck D = b^2 -4ac bezeichnet man als Diskriminante. Die Funktion f hat für

\begin{align*} D < 0 & : \textsf{keine reelle Nullstelle,} \\ D = 0 & : \textsf{eine doppelte reelle Nullstelle,} \\ D > 0 & : \textsf{zwei verschiedene reelle Nullstellen.} \end{align*}

Diese sind gegeben durch

\begin{align*} x_{1} = \frac{1}{2a} \left(-b - \sqrt{b^2 - 4ac} \right) \quad \text{und} \quad x_{2} = \frac{1}{2a} \left(-b + \sqrt{b^2 - 4ac} \right). \end{align*}

16.4 Exponentialfunktion

Wir wollen die Exponentialfuntion \exp definieren. Da diese keine algebraische Funktion ist, gestaltet sich die Definition ein wenig komplizierter.

Definition und Satz:

Es gibt genau eine Funktion \exp: \mathbb{R} \to \mathbb{R} mit den beiden Eigenschaften

  • \exp(x+y) = \exp(x) \cdot \exp(y)
  • 1 + x \le \exp(x)

für alle x, y \in \mathbb{R}.

Diese Funktion nennt man die Exponentialfunktion.

Abbildung 16.15: Die Exponentialfunktion \exp(x) und die Funktion 1+x, die die Exponentialfunktion an der Stelle x=0 berührt und damit die Tangente an der Stelle ist.

Bemerkung

  • Man nennt die Gleichung \exp(x+y) = \exp(x) \cdot \exp(y) die Funktionalgleichung der Exponentialfunktion.

  • Nach der eher formalen Definition, stellt sich heraus, dass die Exponentialfunktion mit Hilfe der Eulerzahl \textsf{e}=2,718281828459045... geschrieben werden kann:

\begin{align*} \exp(x) = \textsf{e}^x \end{align*}

Eigenschaften:

Für die Exponentianfunktion \exp: \mathbb{R} \to \mathbb{R} gelten die folgende Rechenregeln:

  • \exp(x+y) = \exp(x) \cdot \exp(y)
  • \exp(0) = 1
  • \exp(1) = \textsf{e}
  • \exp(xr) = \exp(x)^r
  • \textsf{e}^{x+y} = \textsf{e}^{x} \cdot \textsf{e}^{y}
  • \textsf{e}^{0} = 1
  • \textsf{e}^1 = \textsf{e}
  • \textsf{e}^{xr} = (\textsf{e}^{x})^r
Aufgabe: Exponentialfunktion

Zeigen Sie aus der Funktionalgleichung der Exponentialgleichung, dass \exp(-x) = \frac{1}{\exp(x)}

16.5 Logarithmusfunktion

Die Funktion \exp: \mathbb{R} \to \mathbb{R} ist injektiv und damit auf dem gesamten Definitionsbereich eindeutig umkehrbar. Diese Umkehrung wird der natürliche Logarithmus sein. Gilt y = \exp(x), so stellt sich die Frage: ,,Für welches x nimmt die Funktion \exp(x) den vorgegebenen Wert y an?’’

Definition:

Die Logarithmusfunktion \ln: \mathbb{R}_{>0} \to \mathbb{R} ist die Umkehrfunktion der Exponentialfunktion. \begin{align*} y = \exp(x) \qquad \iff \qquad x = \ln(y) \end{align*}

Abbildung 16.16: Die Logarithmusfunktion \ln(x) und die Funktion x-1, die die Logarithmusfunktion an der Stelle x=1 berührt und damit die Tangente an der Stelle ist.

Da die Funktion \ln: \mathbb{R}_{>0} \to \mathbb{R} die Umkehrfunktion der Exponentialfunktion \exp: \mathbb{R} \to \mathbb{R} ist, gilt für alle x \in \mathbb{R} und y \in \mathbb{R}_{>0}

\begin{align*} \exp(\ln(y)) = y \qquad \textsf{und} \qquad \ln(\exp(x)) = x. \end{align*}

16.5.1 Basiswechsel Exponentialfunktion und Logarithmen

Wir wollen ab nun die Exponentialschreibweise verwenden. Da \textsf{e}^{\ln(a)} = a gilt, kann man auch jede andere positive reelle Zahl a \in \mathbb{R}_{>0} als Basis definieren, denn es gilt

\begin{align*} a^x = (\textsf{e}^{\ln(a)})^x = \textsf{e}^{\ln(a)x} \end{align*}

16.6 Transformationen

Gegeben sei eine Funktion f: \mathbb{R} \to \mathbb{R} mit x \mapsto f(x). Ziel ist es nun eine zweite Funktion g: \mathbb{R} \to \mathbb{R} zu definieren, die sich durch eine Transformation aus der ersten ergibt. Dies kann eine Translation, das heißt eine Verschiebung in x- oder y-Richtung sein, eine Stauchung oder Streckung in x- oder y-Richtung oder eine Spiegelung an der x- oder y-Achse.

16.6.1 Translationen

Verschiebung in x-Richtung

Eine Verschiebung in x Richtung um den Wert a \in \mathbb{R} erreichen wir durch die Zuordnung

\begin{align*} g(x) = f(x-a). \end{align*}

Ist a>0, so entspricht dies einer Verschiebung des Graphen nach rechts.

Verschiebung in y-Richtung

Die Verschiebung in y-Richtung ist durch die Addition einer Konstanten a \in \mathbb{R} zu erreichen

\begin{align*} g(x) = f(x)+a. \end{align*}

Ist die Konstante a>0, so entspricht dies einer Verschiebung nach oben, ist a<0 so entspricht dieser einer Verschiebung nach unten.

Abbildung 16.17: Verschiebung entlang der x-Achse.
Abbildung 16.18: Verschiebung entlang der y-Achse

16.6.2 Spiegelungen

Spiegelung an der x-Achse

\begin{align*} g(x) = -f(x) \end{align*}

Spiegelung an der y-Achse

\begin{align*} g(x) = f(-x) \end{align*}

Abbildung 16.19: Spiegelung an der x-Achse -f(x)
Abbildung 16.20: Spiegelung an der y-Achse f(-x)
Definition: Symmetrie

Eine Funktion f: \mathbb{R} \to \mathbb{R} ist von

  • gerader Symmetrie, wenn für alle x \in \mathbb{R} gilt f(-x) = f(x),
  • ungerader Symmetrie, wenn für alle x \in \mathbb{R} gilt f(-x) = -f(x).
Satz: Symmetrie

Sei f: \mathbb{R} \to \mathbb{R} mit x \mapsto f(x), so kann diese immer als Summe einer geraden Funktion g: \mathbb{R} \to \mathbb{R} und einer ungeraden Funktion : u: \mathbb{R} \to \mathbb{R} dargestellt werden

\begin{align*} f(x) = g(x) + u(x). \end{align*}

Der gerade Teil ist gegeben durch g(x) = \frac{1}{2} \left(f(x) + f(-x)\right) und der ungerade durch u(x) = \frac{1}{2} \left(f(x) - f(-x)\right).

Zu zeigen ist dass

  • g(x) + u(x) = f(x) ist,
  • g eine gerade Funktion ist und
  • u eine ungerade Funktion ist.

Dazu rechnen wir nach:

\begin{align*} g(x) + u(x) & = \frac{1}{2} \left(f(x) + f(-x)\right) + \frac{1}{2} \left(f(x) - f(-x)\right) \\ & = \frac{1}{2} f(x) + \frac{1}{2} f(-x) + \frac{1}{2} f(x) - \frac{1}{2} f(-x) \\ & = f(x) \end{align*}

Für die Symmetrie von g ergibt sich

\begin{align*} g(-x) & = \frac{1}{2} \left(f(-x) + f(-(-x))\right) \\ & = \frac{1}{2} \left(f(x) + f(-x)\right) \\ & = g(x) \end{align*}

und sehen, dass g eine gerade Symmetrie hat. Analog rechnen wir nach, dass u eine ungerade Symmetie hat.

\begin{align*} u(-x) & = \frac{1}{2} \left(f(-x) - f(-(-x))\right) \\ & = \frac{1}{2} \left(-f(x) + f(x)\right) \\ & = - \frac{1}{2} \left(f(x) - f(x)\right) \\ & = -u(x). \end{align*}

Damit haben wir gezeigt, dass jede Funktion f: \mathbb{R} \to \mathbb{R} als Summe einer geraden und einer ungeraden Funktion geschrieben werden kann.

Beispiel

Aufgabe: Gerade und ungerade Symmetrie
  1. Gegeben sei ein Polynom der Form \begin{align*} P(x) = \sum_{i = 0}^6 a_i x^i. \end{align*} Bestimmen Sie den geraden Teil (P_g) und den ungeraden Teil (P_u) des Polynoms.

  2. Warum kann man den natürlichen Logarithmus mit der obigen Methode nicht in eine gerade und eine ungerade Funktion zerlegen?

  1. Eine Möglichkeit ist P(-x) zu berechnen, und dann P_g bzw. P_u mittels der obigen Formel zu bestimmen.

Allerdings wissen wir schon, dass Monome mit geradem Exponenenten von gerader Symmetrie sind und monomoe mit ungeradem Exponenten von ungerader Symmetrie. Damit ergibt sich:

\begin{align*} P_g(x) & = a_0 + a_2x^2 + a_4x^4 + a_6x^6 \\ P_u(x) & = a_1x + a_3x^3 + a_5x^5 \end{align*}

  1. Der Logarithmus ist nur für nicht negative Zahlen definiert, daher kann man die Zerlegung nicht machen.

16.6.3 Streckungen / Stauchungen

Streckung / Stauchung in x-Richtung

\begin{align*} g(x) = f(ax) \end{align*}

Streckung / Stauchung in y-Richtung

\begin{align*} g(x) = af(x) \end{align*}

Falls a<0 ist, so handelt es sich offenbar nicht um eine einfache Streckung oder Stauchung, sondern um eine Streckspiegelung, da wir gleichzeitig an der x-Achse spiegeln.

Abbildung 16.21: Streckung entlang der y-Achse af(x)
Abbildung 16.22: Streckung entlang der x-Achse f(ax)