17  Integration

17.1 Stammfunktion und unbestimmtes Integral

Die Integration ist die Umkehrung der Differentitaion. Gegeben ist also eine Funktion f mit dem Funktionsterm f(x) und gesucht ist eine Funktion F, so dass F'(x) = f(x). Offenbar ist diese Funktion nicht eindeutig, da additive Konstanten beim Differenzieren verschwinden

\begin{align*} (F(x) + c)' = F'(x) = f(x). \end{align*}

Definition: Stammfunktion

Sei I \subseteq \mathbb{R} ein Intervall und f: D \to \mathbb{R} mit x \mapsto f(x) eine stetige Funktion. Jede Funktion F für die gilt F'(x) = f(x) nennt man eine Stammfunktion von f.

Funktion f(x) Stammfunktion F(x)
c c \in \mathbb{R} cx + C
x^\alpha \alpha \in \mathbb{R} \setminus \{-1\} \frac{1}{n+1} \cdot x^{n+1} + C
x^{-1} x \in \mathbb{R} \setminus \{0\} \ln(|x|) + C
\mathsf{e}^x \mathrm{e}^x + C
a^x a \in \mathbb{R}_{>0} \setminus \{1\} \frac{1}{\ln(a)} \cdot a^x + C
\sin(x) -\cos(x) + C
\cos(x) \sin(x) + C

17.2 Bestimmtes Integral

Fundamentalsatz der Analysis

Sei I \in \mathbb{R} ein Intervall und die Funktion f: I \to \mathbb{R} eine stetige Funktion.

I. Existenz:

Für jedes c \in I ist die Funktion

\begin{align*} F: I \to \mathbb{R} \quad \text{mit} \quad F(x) = \int_{c}^x f(x)\,\mathrm{d}x \end{align*}

differenzierbar und eine Stammfunktion von f. Es gilt F'(x) = f(x).

II. Berechnung:

Seien a,b \in I, dann gilt die Newton-Leibniz-Formel

\begin{align*} \int_a^b f(x)\,\textrm{d}x = \left[F(x)\right]_{a}^{b} = F(x)\big|_{a}^{b} = F(b) - F(a). \end{align*}

17.3 Unbestimmtes Integral

17.4 Integrationsmethoden

Differentiation and Integration von xkcd

17.4.1 Partielle Integration

Die partielle Integration ist die Umkehrung der Produktregel, die aus der Differentialrechnung bekannt ist.

Seien u' und v Funktionen von einer Variablen x, dann kann man die partielle Integration für ein bestimmtes Integral schreiben als

\begin{align*} \int_a^b u'(x) \cdot v(x)\,\mathrm{d}x = \left[ u(x) \cdot v(x)\right]_{a}^{b} - \int_{a}^{b} u(x) \cdot v'(x)\,\mathrm{d}x \end{align*}

Schreibt man die Ableitungen der Funtionen in der Form

\begin{align*} u'(x) = \frac{\mathrm{d}u(x)}{\mathrm{d}x} \quad \text{bzw.} \quad v'(x) = \frac{\mathrm{d}v(x)}{\mathrm{d}x} \end{align*}

und setzt diese in die obige Fromel ein, so erhält man eine äquivalkente Schreibweise, die sich in vielen Büchern findet.

\begin{align*} \int_a^b v\,\mathrm{d}u = \left[ u \cdot v\right]_{a}^{b} - \int_{a}^{b} u\,\mathrm{d}v, \end{align*}

Dabei sind die Differentiale in unserem Fall \mathrm{d}u = u'(x)\,\mathrm{d}x und analog \mathrm{d}v = v'(x)\,\mathrm{d}x.

Der Vorteil dieser Schreibweise ist, dass sie unabhängig von der Integrationsvariablen (hier x) ist.

Beispiel 1

Gesucht ist eine Stammfunktion zur Funktion g(x) = x \cdot 2^x. Dies bedeutet wir müssen das Integral

\begin{align*} \int g(x)\,\mathrm{d}x = \int x \cdot 2^x \mathrm{d}x \end{align*}

lösen.

Die Frage, die sich nun stellt, ist welcher der beiden Terme aus denen g zusammengestzt ist, das u' und welcher das v ist. Die Idee ist, dass der Ausdruck im Imtegral auf der rechten Seite einfacher zu integrieren sein muss als das Integral auf der linken Seite. Wählen wir

\begin{align*} u(x) = x \qquad \text{und} \qquad v'(x) = 2^x. \end{align*}

Die Funktion u wird durch diese Wahl beim Ableiten zu einer Konstanten, Exponentialfunktionen aber beim Integrieren nur einen konstanten Faktor erhalten und damit nicht komplizierter werden. Damit wird das Integral auf der rechten Seite lösbar.

Mit u'(x) = 1 und v(x) = \frac{2^x}{\ln(2)} ergibt sich.

\begin{align*} \int x \cdot 2^x\,\mathrm{d}x & = x \cdot \frac{2^x}{\ln(2)} - \int 1 \cdot \frac{2^x}{\ln(2)}\,\mathrm{d}x \\ & = x \cdot \frac{2^x}{\ln(2)} - \frac{2^x}{(\ln(2))^2} + C \\ & = \frac{2^x}{\ln(2)} \left( x - \frac{1}{\ln(2)} \right) + C \end{align*}

Aufgabe zur partiellen Integration

Bestimmen Sie auf die gleiche Weise das Integral

\begin{align*} \int x \cdot \textsf{e}^{-2x}\,\mathrm{d}x. \end{align*}

Man wählt analog zu oben u(x) = x und v'(x) = \textsf{e}^{-2x}, so ergibt sich u'(x) = 1 und v(x) = -\frac{1}{2} \textsf{e}^{-2x} und damit ergibt sich für das Integral

\begin{align*} \int x \cdot \textsf{e}^{-2x}\,\mathrm{d}x & = x \cdot \left(-\frac{1}{2} \textsf{e}^{-2x}\right) - \int 1 \cdot \left(-\frac{1}{2} \textsf{e}^{-2x}\right)\,\mathrm{d}x \\ & = - x \cdot \frac{1}{2} \textsf{e}^{-2x} - \left(\frac{1}{4} \textsf{e}^{-2x}\right) + C\\ & = -\frac{1}{4}\textsf{e}^{-2x} \left(2x + 1\right) + C \end{align*}

Spezialfälle Partielle Integration

Integrale der Form \begin{align*} \int g(x) \cdot \textsf{Pol}(x)\,\textrm{d}x, \end{align*} können immer mit Hilfe der partiellen Integration integriert werden. Dabei ist \textsf{Pol}(x) ein Polynom und g(x) entweder eine Exponentialfunktion der Form a^x (mit a \in \mathbb{R}_{>0} \setminus \{1\}) oder \sin(x) bzw. \cos(x). Für ein Polynom n. Grades muss die partielle Integration n mal wiederholt werden, da sich der Grad des Polynoms bei jeder Wiederholung um 1 verringert.

Beispiel 2

Betrachten wir das folgende Integral

\begin{align*} \int x^2 \cdot \textsf{e}^{x}\,\mathrm{d}x. \end{align*}

Nach der obigen Bemerkung wählen wir v(x) = x^2 und u'(x) = \textsf{e}^x. Damit ergibt sich mit v'(x) = 2x und u(x) = \textsf{e}^x

\begin{align*} \int x^2 \cdot \textsf{e}^{x}\,\mathrm{d}x & = x^2 \cdot \textsf{e}^{x} - \int 2 x \cdot \textsf{e}^{x}\,\mathrm{d}x \\ & = x^2 \cdot \textsf{e}^{x} - \left(2x \cdot \textsf{e}^{x} - \int 2 \cdot \textsf{e}^{x}\,\mathrm{d}x\right) \\ & = x^2 \cdot \textsf{e}^{x} - 2x \cdot \textsf{e}^{x} + 2 \cdot \textsf{e}^{x} + C \\ & = \textsf{e}^{x}\left(x^2 - 2x + 2\right) + C \end{align*}

Das im zu integrierenden Ausdruck vorkommende Polynom ist nach der ersten Integration nicht mehr vom Grad 2, sondern nur noch vom Grad 1. Wiederholen wir die partielle Integration ein weiteres Mal, so erhalten wir das Ergebnis.

Beispiel 3

Bei manchen Funktionen ist nicht offensichtlich, dass man die partielle Integration nutzen kann um die Stammfunktion zu bestimmen. Ein einfaches, aber sehr nützliches Beispiel ist die Integration des natürlichen Logarithmus. Da es sich erstmal nicht um ein Produkt handelt bedienen wir uns eines Kniffes und schreiben \int \ln(x)\,\mathrm{d}x = \int 1 \cdot \ln(x)\,\mathrm{d}x. Wir erhalten

\begin{align*} \mathrm{d}u = 1 \mathrm{d}x \quad \implies \quad u = x \quad \text{und} \quad v = \ln(x) \quad \implies \quad \mathrm{d}v = \frac{1}{x} \mathrm{d}x \end{align*}

\begin{align*} \int \ln(x)\,\mathrm{d}x & = \int 1 \cdot \ln(x)\,\mathrm{d}x \\ & = x \cdot \ln(x) - \int x \cdot \frac{1}{x}\,\mathrm{d} x \\ & = x \cdot \ln(x) - x + C \\ & = x \cdot (\ln(x) -1) + C \end{align*}

Aufgabe zur partiellen Integration

Bestimmen Sie auf analoge Weise das Integral

\begin{align*} \int \frac{\ln(x)}{x^3}\,\mathrm{d}x. \end{align*}

Man wählt analog zu oben u(x) = \ln(x) und v'(x) = \frac{1}{x^{3}} = x^{-3}, so ergibt sich u'(x) = \frac{1}{x} und v(x) = -\frac{1}{2}x^{-2}. Damit kann man schreiben

\begin{align*} \mathrm{d}u = \frac{1}{x}\,\mathrm{d}x, \qquad \text{und} \qquad \mathrm{d}v = \frac{1}{x^{3}}\,\mathrm{d}x \end{align*}

\begin{align*} \int \frac{\ln(x)}{x^3}\,\mathrm{d}x & = -\frac{1}{2}x^{-2}\cdot \ln(x) - \int \left(-\frac{1}{2}x^{-2} \cdot \frac{1}{x}\right)\,\mathrm{d}x \\ & = -\frac{1}{2} \frac{\ln(x)}{x^2} + \frac{1}{2} \int \frac{1}{x^3}\,\mathrm{d}x \\ & = -\frac{1}{2} \frac{\ln(x)}{x^2} - \frac{1}{4}\frac{1}{x^2} + C \\ & = -\frac{1}{4x^2}\left(2\ln(x) + 1 \right) + C \end{align*}